Peru liegt hinter uns, der Titicacasee aber noch nicht ganz. Mit dem Bus (no-na, wie sonst) ging es noch eine gute Stunde auch auf bolivianischer Seite den tiefblauen See entlang bis wir plötzlich am Wasser angestanden sind. Für den Kartenleser unter uns keine Überraschung, aber wie geht’s hinüber? Keine, Brücke, keine Fähre, kein … nur kleine Boote und ein - na sagen wir mal untermotorisiertes Floß mit etwas Rand. Alle Passagiere müssen aus dem Bus, Gepäck bleibt drin.
Während wir uns um ein Ticket für umgerechnet nicht ganz 20 €ent anstellen, fährt unser Bus todesmutig auf ein solches Floß, lässt sich vom Ufer abstossen und tuckert gemütlich los.
Hinterher gleich noch ein Bus, scheint also ganz normal zu sein. Wir tuckern mit einem Kleinboot nebenher und sind froh nicht im Bus sitzen zu müssen bzw. zu dürfen, schon allein des Fotos wegen.
In La Paz angekommen war dann die Luft raus. Nicht aus dem Bus, aber aus uns. An einer steilen Kante des bolivianischen Altiplano (Hochebene) ist die Stadt in einem nach unten offenen Kessel gewachsen. Schon der erste Anblick ist also atemberaubend und die Lage zwischen 3100 und 4100 Meter Seehöhe lässt uns auch sonst schneller atmen.
Da La Paz selbst nicht viel zu bieten hat spazieren wir nur ein wenig durch die Stadt, besuchen das Kloster San Francisco und sehen uns einige Märkte an. So auch den berühmten Hexenmarkt. Was daran aber genau so hexerisch sein sollte weiss ich nicht, denn ausser den unzähligen getrockneten Lamaembryos in allen Grössen und Farben ist auch dieser Markt eine reine Touristeneinkaufsgasse in der sich ein Souvenirladen neben den anderen reiht. Da wir ausserdem die touristisch interessanten Sachen entlang unserer Route bereits hinter uns haben und auf dem Horizont unserer Routenplanung schon längst der Heimflug in greifbarer Nähe aufgetaucht ist, haben wir die drei Tage in La Paz also nur noch genützt etwas auszuschlafen und ein paar Kleinigkeiten einzukaufen bevor wir die folgenden drei Tage und drei Nächte unterwegs auf Strassen und Schienen (Luftlinie etwa 2800 Kilometer) quer durch den Kontinent verbringen sollten.
Hier die verkürzte zeitliche Darstellung:
18 Stunden von La Paz (4100m) nach nach Santa Cruz de la Sierra (400m), wo wir den ganzen Tag am Bahnhof warten mussten bis wir vielleicht noch Tickets für den abendlichen Zug bekamen, dann 13 Stunden über Nacht mit dem sog. Ferrobus (=Zug) nach Puerto Suarez an die brasilianische Grenze und von hier (Corumba) wieder mit einem Bus in 31 Stunden über Campo Grande und Sao Paulo nach Rio de Janeiro - ENDLICH!
Für diejenigen die es interessiert oder die diesen Weg auch vielleicht nützen wollen, möchte ich noch ein paar technische Details anführen:
Der Zug von Santa Cruz in Bolivien bis zur brasilianischen Grenze fährt grundsätzlich täglich, aber an verschiedenen Tagen auch immer in unterschiedlichen Klassen und die Tickets dafür erhält man am Bahnhofsschalter - aber nur ab Montag für die Züge der kommenden Woche bis Sonntag. Wofür die einen Computer haben weiss keiner?!?
Wer also wie wir am Sonntag ankommt, muss erst einmal warten bis der Schalter am Nachmittag öffnet und kann dann nur noch hoffen, dass der Zug nicht ausverkauft ist. Denn für den Zug bzw. die Züge ab Montag gibts auch erst die Tickets ab Montag früh.
Unser Zug war natürlich schon voll, wir warteten aber trotzdem ob vielleicht doch jemand sein Ticket zurückbringt und nicht fährt. Während wir da so warteten machte uns der Bahnhofsbulle, der die Szene genau beobachtete, ein semimoralisches Angebot, “er hätte da einen Amigo, der vieleicht doch noch zwei Tickets übrig hätte, … wieviel wir denn bereit wären draufzulegen?”. Ihm war klar, dass wir die Nacht nicht am Bahnhof warten wollten und für uns war klar, dass es offensichtlich noch zwei Tickets gab. Wenn das die “freie Marktwirtschaft” in Bolivien ist, also bitte unser Angebot: “20 Bolivianos? - nein zu wenig! - pro Ticket? - er ruft seinen Freund an - wir warten weiter.
In der Zwischenzeit probieren wir dasselbe bei dem Kerl am Ticketschalter nachdem uns eine freundliche Dame den Tip gab ihm etwas zu bieten, denn sie hätte gerade eben genau so auch noch einen Platz bekommen. Doch er sagt uns es wäre (noch) nichts frei - wir warten weiter.
Dann redet der Bulle mit dem Kerl am Schalter - wahrscheinlich ist das sein Amigo. - Wir müssen weiter warten und das tun wir auch sehr geduldig.
Nach über einer Stunde hätte Senor Inspector A@?&%!gesicht (Anm.: Name von der Redaktion geändert) gerne, dass wir unser Angebot nachbessern, aber wir tun das nicht und lassen die Zeit für uns arbeiten, denn die Tickets müssen vor Schalterschluss auf jeden Fall weg und wir waren die einzigen Interessenten in Sichtweite. Die Rechnung ging auch auf und zufällig kurz vor Schalterschluss bekamen wir zwei Tickets und die zwei Amigos freuten sich über umgerechnet € 4,60 die sie sich teilen konnten. Wenn das die selbstgelobte “EVO-lution a la Morales” ist - na dann auf Wiedersehen Bolivien
auch hier gilt, Onkel Hugo aus Venezuela ist kein gutes Vorbild.
Für uns war es eine mühsame Geduldsprobe, deren vergleichsweise geringe Extrakosten sich insofern ausgezahlt hatten, dass wir noch am selben Abend weiterreisen konnten und das in einem nur zwei Waggons langen Zug der auf Gefriertemperaturen klimagekühlt war aber so grosse Sitze hatte, dass wir die ganze Nacht durchschlafen konnten.
An der bolivianischen Grenze bekamen wir ohne Probleme den Ausreisestempel und fanden ein Taxi zum wenige Kilometer entfernte Busbahnhof von Corumba wo wir sowohl den brasilianischen Einreisestempel als auch ein Busticket direkt nach Rio bekamen.
Wie schafft man drei Tage und Nächte durchgehend unterwegs?
Anfangs ist es mühsam, aber irgendwann verliert man das Gefühl für die Zeit, schläft viel und die Busse stoppen immer wieder an soweit brauchbaren Raststationen wo es was zu essen gibt. Die Nase gewöhnt sich aber an einiges und in Rio ging es erst einmal in die Dusche und tags darauf gut 100 km ostwärts nach Buzios an den Strand - zum letzten Urlaub auf dieser Reise.
hier gehts zu den Fotos …
Kommentare:
8 Kommentare zu "von nun an gehts bergab - topographisch und Morales"
Mami am 21. August 2009 um 08:24
Bei soviel herrlicher Wolle krieg ich wieder Lust aufs Stricken. Oder wäre was fertiges eh gscheiter. Wir haben herrliche Sommertage und vollstes Haus, gestern noch 14, heute nur mehr 12 Personen. Keine Angst, am Abend wirds wieder aufgestockt. Bussi und wir freuen uns auf ganz bald Mami und Vati
Markus W. am 21. August 2009 um 09:24
Hola Amigo y Amiga….
Ich hab schon mal einen Tisch beim Chinesen reserviert….*gg*
Crazy wie die Zeit vergeht…..
LG aus dem sonnigen, ihr kommt ja bald wieder heim,
WIEN
Wien in Zahlen
Einwohnerzahl 2003:
~1.8 Millionen
Fläche gesamt: 414,95 km²
Grünflächen: 201,59 km²
Bauflächen: 136,62 km²
Verkehrsflächen: 57,15 km²
Gewässer: 19,58 km²
Tiefster Punkt: Lobau (151 m)
Höchster Punkt: Hermannskogel (543 m) Tageshöchsttemperaturen: Januar +1°, Juli +25°
Östliche Länge von Greenwich: von 16°11′03″ bis 16°34′43″
Nördliche Breite: von 48°07′06″ bis 48°19′23″
Die Siggy am 21. August 2009 um 12:46
Bin mal wieder ein bissal zum Nachlesen gekommen… und Bilder anschaun. Wow. Die sprühende Stimmung spürt man bis hier her. Ich nehme an, dass ihr gerade sehr zwiespältige Gefühle habt… einerseits die Freude bald wieder nach haus zu kommen, andereseits der Wehmut, dass dieses schöne erfüllte Jahr nun dem Ende zugeht. Warum ist nur am Ende alles NOCH besonders viel schöner??? Am Anfang scheint alles noch so lange und weit weg zu liegen, und trotz allem Genießens spürt man das Heimweh ab und an recht stark. Am Schluss explodiert die gute Stimmung und die Freude meist und man kann sich nicht vorstellen je wieder in sein altes Leben zurück zu kehren.
Aber wir freuen uns hier alle wahnsinnig auf euch und werden es euch leicht machen mit einem breiten Lächeln im gesicht zurückzukehren. Auch in Wien gibt es Abenteuer. Man muss sie nur suchen und sich darauf einlassen.
Ich freu mich wahnsinnig auf euch!
Viele Bussis, Sigrit
Bambu am 21. August 2009 um 02:52
Na, war ja noch eine ganz schön aufregende Fahrt nach Brasilien. Aber nach hartem Kampf doch noch Tickets ergattert. Jetzt habt ihr den Kampf aber hinter euch und könnt euch endlich auf eure letzten Tage freuen und die Zeit geniessen. Bald geht es heimwärts, nachdem ihr noch richtig chillen könnt. Geniesst die Zeit und lasst es euch noch so richtig gut gehen. Ich wünsch euch noch ein paar wundervolle Tage in Rio zum Abschluss eurer beeindruckenden Weltreise. Hoffentlich habt ihr noch genügend Sonne um euch in der Sonne braten zu lassen, um die Zuhausegebliebenen noch ein wenig mehr beeindrucken zu können. Freu mich auf euch,
macht es gut und bis bald…
Lg
Peter
Sandra am 21. August 2009 um 22:11
Hallo ihr beiden!
Hab´ heute dank Schlechtewetters endlich Zeit gefunden einige eurer Einträge nachzulesen. Ich beneide euch noch immer - oder besser: schon wieder. Bereite mich gerade auf eine 6-wöchige Rundreise durch Vietnam, Kambodscha, Laos und Thailand vor. Vielleicht schaffen wir ja nach eurer Heimkehr und vor meiner Abreise ein Wiedersehen? Ich wünsch´ euch noch viel Spaß und schöne letzte Tage in der Ferne.
lG
Sandra
d am 21. August 2009 um 13:19
Ihr beiden Lieben, urlaubt wohl jetzt schon schön ~ Erholung von allen Strapazen und vor eurer Rückkehr
~
Die Kartengeschichte stimmt nachdenklich: egal, ob´s bei elitären Festspielen so läuft, oder eine Bahnfahrt “aufgewertet” wird … es ist und bleibt die Gier zu vieler Menschen (da € 4,60; in der westlichen Wirtschaftswelt Milliarden), deren Gewinn am Ende nur einen bitteren Nebengeschmack übrig lässt (oder mehr)..
euer Gewinn war aber ein wirklicher, denn eine Geduldsprobe zu bestehen ist ein Geschenk! Gratuliere!
Heute ist der 23.8., ich denk sehr viel an euch und eure Rückkehr, mit großer Freude!
Genießt ihr also noch “die Ruhe vor dem (nächsten) Sturm”, denn die Massen scheinen schon in den Startlöchern bezüglich eurer Begrüßung zu stehen!
Herzliche Umarmung und Bussis! 
d am 21. August 2009 um 13:23
PS: Zeit ist seeeeehr relativ!
Ich habe die oberen Zeilen nicht am 21. um 13,19h geschrieben, sondern eben am 23. um 13,19h … wie kommt´s zu dieser Datumsangabe? Wäre ideal um etwas perfekt zu verdecken .. 
Ursula & Klaus am 21. August 2009 um 01:17
Hallo ihr 2,
unglaubliche Strecke, die ihr da hingelegt habt. Wir werden ungefaehr den gleichen Weg nehmen, aber mit ein paar Pausen dazwischen um unser Sitzfleisch zu schonen. Danke jedenfalls fuer den Tipp betreffend Zugticket. Wir werden berichten ob wir uns dort auch Amigos anlachen…
lg und geniesst den Strand
Ursula und Klaus